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    Lehrstuhl für Psychologie V - Differentielle Psychologie, Persönlichkeits-
    psychologie und Psychologische Diagnostik

    Frontalhirnaktivierung, frontale Asymmetrie und Motivation

    Frontalhirnaktivierung, frontale Asymmetrie und Motivation

    Die Arbeiten von Richard Davidson zum Modell der frontalen Hemisphärenasymmetrie haben im Wesentlichen drei Konstrukte und zwar emotionale Valenz, motivationale Tendenz und Verhaltensaktivierung bzw. -inhibition mit der asymmetrischen Grundaktivierung des Frontalkortex in Verbindung gebracht. Dabei wurde postuliert, dass positive Valenz, Annäherungstendenz und Verhaltensaktivierung mit stärkerer linksfrontaler Aktivierung einhergingen, während negative Valenz, Rückzugstendenz und Verhaltensinhibition mit rechtsfrontaler Aktivierung assoziiert seien (siehe Abbildung 1). Die Konstrukte Verhaltensaktivierung (Behavioral Activation System, BAS) und Verhaltensinhibition (Behavioral Inhibition System, BIS) entstammen der Verstärkungssensitivitätstheorie von Jeffrey Gray (Reinforcement Sensitivity Theory). Dabei wird das Verhaltensaktivierungssystem mit Verstärkungsprozessen assoziiert, während das Verhaltensinhibitionssystem mit Bestrafungsprozessen sein soll.

    Eine Reihe von Untersuchungen ging, diesen Grundlagen folgend, der Frage nach der biologischen Fundierung von interindividuellen Unterschieden in Emotion, Motivation und Persönlichkeit im Frontalhirn nach. In einer ersten Studie (Hewig et al., 2006) zeigte sich ein Zusammenhang zwischen bilateraler Frontalhirnaktivierung und erhöhter Verhaltensaktivierung (BAS). Dieser Befund sprach demnach für eine Alternative zu den von Davidson vorgebrachten drei Asymmetriethesen (siehe Abbildung 1). Dabei ist zu bemerken eine Asymmetrie bezüglich Annäherung und Vermeidung ist mit einer bilateralen Aktivierung für Verhaltensaktivierung durchaus in Einklang zu bringen, da Verhaltensaktivierung gemäß Gray sowohl Annäherung als auch aktive Vermeidung umfasst.

    Weitere Studien sollten die zuvor erbrachten Ergebnisse bestätigen und erweitern. Auf der Eigenschaftsebene zeigte sich in einer zweiten Untersuchung ein Zusammenhang zwischen größerer linksfrontaler kortikaler Aktivierung und erhöhtem annäherungsbezogenem Ärger (Anger-out), sowie verringertem aktiv vermeidendem Ärger (Anger-control, siehe Hewig et al., 2004). Dieses Ergebnis spricht für die Hypothese eines Zusammenhanges zwischen anteriorer Asymmetrie und motivationaler Tendenz (Annäherung und Vermeidung). Außerdem zeigte sich ein Zusammenhang zwischen größerer bilateral frontaler kortikaler Aktivität und Verhaltensaktivierung (Hewig et al., 2004) gemäß der vorigen Studie (Hewig et al., 2006). Auf der Zustandsebene zeigten die Versuchspersonen eine generell erhöhte kortikale Aktivierung nach Hinweisreizen auf positive und negative Verstärkung gegenüber der Kontrollbedingung, dieser Effekt war bei Personen mit starker Verhaltensaktivierung an midfrontalen Positionen zusätzlich verstärkt (siehe Hewig et al., 2005). Diese Ergebnisse stützen die Annahme, dass Annäherungs- und Rückzugstendenzen möglicherweise zu Verhaltensaktivierung zusammengefasst werden können.

    Ausgewählte Publikationen (die Chronologie der Veröffentlichung entspricht hierbei nicht der Chronologie der Untersuchungen):

    • Hewig, J., Hagemann, D., Seifert, J., Naumann, E., & Bartussek, D. (2004). On the selective relation of frontal cortical asymmetry and anger-out versus anger-control. Journal of Personality and Social Psychology, 87(6), 926-939.
    • Hewig, J., Hagemann, D., Seifert, J., Naumann, E., & Bartussek, D. (2005). The relation of cortical activity and personality in a reinforced go-nogo paradigm. Journal of Individual Differences, 26(2), 86-99.
    • Hewig, J., Hagemann, D., Seifert, J., Naumann, E., & Bartussek, D. (2006). The relation of cortical activity and BIS/BAS on the trait level. Biological Psychology, 71(1), 42-53.

    Siehe auch:

    • Hewig, J. (2000). Die Anteriore Asymmetrie und die Behavioural Approach und Inhibition Systems. Sind die Konzepte BIS und BAS von J.A. Gray um das Modell Anteriorer Asymmetrie von R.J. Davidson erweiterbar? - Theoretische Konzeptionen und empirische Befunde. Diplomarbeit. Universität Trier.
      http://eeglab.uni-trier.de/research/diplomarbeit_hewig_johannes.pdf
    • Hewig, J. (2004). Frontale kortikale Aktivität und Motivation. Berlin: Logos.
    • Kronbergs, A., Hagemann, D., Hewig, J., Naumann, E., Seifert, J., & Bartussek, D. (2003). Anterior cortical asymmetry and dopamine: Is there a connection? Journal of Psychophysiology, 17, 163.

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